Steuertipps

Verträgen mit Angehörigen - steuerliche Risiken und Möglichkeiten

Es liegt in der Natur der Sache, dass Vereinbarungen/Regelungen nicht nur mit fremden Dritten, sondern auch mit Angehörigen getroffen werden. Darüber hinaus regelt der Bürger wichtige Dinge lieber mit Verwandten, Freunden und sonstigen Angehörigen als mit Fremden. Die Vereinbarungen haben in vielen Fällen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch steuerliche Konsequenzen. Verträge mit Angehörigen können hier einmal aufgrund der gegebenen Umstände unvermeidlich sein oder sich als vorteilhafte steuerliche Gestaltung empfehlen. Grundsätzlich steht es auch Angehörigen frei, ihre Verträge steueroptimiert zu gestalten (BFH, Urt. v. 18.12.1990 – VIII R 1/88). Das vertraglich Geregelte muss jedoch von Beginn an gewollt, wie unter Dritten üblich sein und auch tatsächlich so durchgeführt werden. Die Bandbreite der vorzufindenden Vereinbarungen in der Beratungspraxis reicht hier allerdings von einem Spiegelbild des Gelebten bis zum steuerlich nicht anzuerkennenden Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO). Insoweit bieten Verträge mit Angehörigen ein erhebliches Konfliktpotential und damit auch steuerliche Risiken mit finanziellen Folgen.

Starten wir unsere Betrachtung mit dem Begriff „Angehörige“. Eine einheitliche Gesetzesdefinition existiert nicht. In der Abgabenordnung (§ 15 AO), dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 1589 BGB) und dem Strafrecht (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB) sind hierzu Vorschriften zu finden. Zum Kreis der Angehörigen gehören demnach in jedem Fall der/die Verlobte, der Ehegatte, die Verwandten des Ehegatten, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie (§§ 1589, 1590 BGB). Hierzu zählen u.a. Eltern, Großeltern, Kinder, Enkelkinder, Geschwister und Halbgeschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten der Geschwister und die Geschwister der Ehegatten, Geschwister der Eltern, Pflegeeltern und Pflegekinder. Die Schwägerschaft ist eine durch Heirat entstandene verwandtschaftliche Beziehung. Sie besteht auch fort, wenn die Ehe aufgehoben wird. Die Linie und der Grad der Schwägerschaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grad der sie vermittelnden Verwandtschaft (§ 1590 BGB). Die Angehörigeneigenschaft besteht auch dann fort, wenn die Beziehung, die ursprünglich die Angehörigeneigenschaft begründete, nicht mehr besteht. Ausgenommen hiervon ist das Verlöbnis.

Steuerlich betrachtet sind Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen hinzuzufügen, deren Entscheidungen durch den Steuerpflichtigen unmittelbar oder mittelbar bestimmt werden können (BFH, Urt. v. 15.12.1988 – IV R 29/86; BFH, Urt. v. 20.09.1990 – IV R 17/89). Der steuerliche „Angehörigenbegriff“ alleine ist damit irreführend und umfasst auch die „nahestehenden Personen“ und im konkreten Einzelfall alle Personen, die in einem engen wirtschaftlichen Beziehungsgeflecht zu dem Vertragspartner stehen. Im Prinzip sind die Konflikte bei Verträgen vorprogrammiert, die einen Interessengleichklang der Vertragspartner – wie bei Angehörigen – mit sich bringen. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, Verträge mit steuerlicher Wirkung wie unter fremden Dritten zu gestalten und auch so umzusetzen. Das hierbei die Schriftform dringend anzuraten ist, liegt auf der Hand. Durch geschickt gestaltete und auch „gelebte“ Verträge mit Angehörigen und nahestehenden Personen kann die Steuerlast der Beteiligten erheblich gemindert werden. Soweit kein anwaltlicher Rat eingeholt wird, sollte man sich hier bei der Vertragsabfassung an den gängigen Standardverträgen der Formularverlage oder Fachverbände orientieren oder – besser – diese gleich verwenden.

TIPP
Verträge mit Angehörigen grundsätzlich schriftlich unter Verwendung von Standardverträgen schließen!

Ein Fallstrick liegt bereits darin, dass einmal geschlossene Verträge im Laufe der Zeit ihren Sinn und Zweck verloren haben und auch tatsächlich nicht mehr so umgesetzt werden.

TIPP
Verträge mit Angehörigen sind alljährlich auf ihren Sinn und Zweck zu überprüfen. Des Weiteren ist zu kontrollieren, ob sie (noch) einem Fremdvergleich standhalten.

Fassen wir an dieser Stelle zusammen.

Verträge mit Angehörigen müssen:

  1. klar, präzise und eindeutig gewollt sein.
  2. verkehrsüblich, schlüssig und plausibel sein und auch wie vereinbart tatsächlich durchgeführt werden.
  3. Der geschlossene Vertrag muss die hierfür vorgegebenen zivilrechtlichen Normen/Vor­schriften erfüllen. Der Vertrag darf nicht gegen bestehende Gesetze verstoßen (BFH, Urt. v. 22.02.2007 – IX R 45/06). Beispiel: Vertragsabschluss mit minderjährigen Kindern (kein Vormund bestellt, Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz u.a.).

Betrachten wir nun typische in der Alltagspraxis anfallende Verträge. Zu den häufigsten Fallgestaltungen gehören Arbeits-, Miet-, Darlehens-, Kauf- und Gesellschaftsverträge.

Arbeitsverträge

Bei einem Arbeitsvertrag zwischen einem Unternehmer und seinem Ehegatten oder seinem Kind führen die Ausgaben zu steuerlich abzugsfähigen Personalkosten des Unternehmens. Die privaten Ausgaben der Ehefrau oder des Kindes treffen sowieso den Unternehmerhaushalt – warum nicht steueroptimiert? Hinzu kommt, dass die Familienmitglieder häufig unentgeltlich im Unternehmen mehr oder weniger zwangsläufig mitarbeiten. Erfolgt die Beschäftigung im Rahmen eines Minijobs, beträgt die Belastung im Unternehmen ca. 700 € und beim Angehörigen kommen somit rund 75 % netto an. Bei einer Versteuerung über den Unternehmensgewinn kann dies im ungünstigsten Fall bei nur 50 % liegen. Darüber hinaus können Arbeitnehmer weitere betriebliche Leistungen empfangen und steuerliche Vorteile nutzen. Eine freiwillige Zahlung des höheren Rentenbeitrags (Minijob) oder ein „bescheidenes“ sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis kann weitere Vorteile für die Absicherung im Bereich der Renten- und Krankenversicherung bieten. Der Arbeitnehmer kann den Arbeitnehmer-Pauschbetrag (ab 2023: 1.230 €) steuermindernd nutzen und erhält von seinem „großzügigen“ Arbeitgeber auch noch die Möglichkeit, die Telekommunikationseinrichtungen des Unternehmens (Handy, Smartphone u.a.) kostenlos oder verbilligt zu nutzen und vielleicht auch noch einen Firmenlaptop und ein Firmenfahrzeug. Die private Nutzung des Firmenfahrzeugs wird zwar dann im Rahmen der 1-%-Regelung besteuert. Das ist jedoch unerheblich, wenn man bedenkt, dass dieses Fahrzeug zu 100 % privat genutzt wird und das Unternehmen auch noch den Vorsteuerabzug (Mehrwertsteuer) bei Anschaffung des Fahrzeugs erhält. Auch ist es denkbar, dass der mitarbeitende Ehegatte den Unternehmer auf seinen Geschäftsreisen begleitet und die dadurch bedingten Mehrausgaben betrieblich veranlasst sind. Je nach Größe und Ertragskraft des Unternehmens kann auch für den Ehegatten eine steueroptimierte betriebliche Altersversorgung aufgebaut werden.

Typische Unternehmerfälle in der Praxis sind auch „kostenlos“ mitarbeitende Eltern und Großeltern. Egal ob es um die Reinigung der Firmenräume oder gar um die Urlaubsvertretung geht. Ein Beschäftigungsverhältnis kann hier Klarheit und steuerliche Vorteile verschaffen. Auch Freiberufler und gutverdienende Angestellte (Ärzte, Autoren, Anwälte oder Richter, Führungskräfte etc.) bedienen sich oft der „bereitwilligen und meist kostenlosen Mithilfe“ ihrer Ehegatten und Kinder. Auch eine projektbezogene/zeitweise Anstellung ist hier denkbar.

Die Entlohnung der im Betrieb mitarbeitenden Kinder führt dazu, dass der Unternehmer weniger (vorher hochversteuertes) Taschengeld auszahlen muss und die Kinder auf den Arbeitslohn überhaupt keine Steuer zahlen müssen, soweit die Grenzwerte hierzu eingehalten werden. Per saldo für beide Parteien ein lohnendes Geschäft, soweit das Unternehmen auch über eine entsprechende Ertragskraft verfügt. Auch Privatpersonen können zur Beaufsichtigung ihrer Kinder, zur Pflege ihres Gartens oder zur Pflege pflegebedürftiger Personen Angehörige beschäftigen und können dann die Aufwendungen im Rahmen der steuerlichen Förderung haushaltsnaher Dienst- und Handwerkerleistungen (§ 35a EStG) steuermindernd geltend machen. Es ist ganz klar, dass ein solches Arbeitsverhältnis im Fokus der steuerlichen Betriebsprüfung liegt. Das Vertragswerk und die tatsächliche Umsetzung in Bezug auf die Entlohnung, die Arbeitszeiten etc. müssen dem Üblichen entsprechen.

Fazit: Vorteile eines Arbeitsvertrags mit dem Ehegatten/den Kindern:

–   bei entsprechend hohen Unternehmensgewinnen: Steuerminimierung durch niedrige Steuersätze und Ausnutzung von Freibeträgen (Minijob/Arbeitnehmer-Pauschbetrag)

–   Steuerminimierung durch Umwandlung von bisherigen „Kosten der privaten Lebensführung“ in Betriebsausgaben (Arbeitslohn/Taschengeld Kinder, Kosten für Laptop, Telefon, mitreisende Familienangehörige bei Geschäftsreisen, Firmenwagen u.a.)

–   steueroptimierte Altersabsicherung (betriebliche Altersvorsorge)

–   Absicherung bei Arbeitslosigkeit und im Krankheitsfall (bisher kostenlos mitarbeitende Familienangehörige)

Mietverträge

Mietverträge mit Angehörigen, nahestehenden Personen oder dem eigenen Unternehmen gehören zu der häufigsten Fallgruppe und füllen die steuerliche Rechtsprechung und Kommentare. Die Vermietung einer Wohnung an einen Familienangehörigen (der die sich auch leisten kann!) kann vorteilhaft sein, wenn im Gegenzug Abschreibungsbeträge und Zinsaufwendungen steuerlich geltend gemacht werden können und somit auf absehbare Zeit steuermindernde Verluste aus Vermietung und Verpachtung entstehen. Die hieraus gewonnenen liquiden Mittel können zur Entschuldung eingesetzt werden. Die Regelung über ein ordentliches Mietverhältnis ist in diesem Fall einer „unentgeltlichen Überlassung“ der Wohnung bei gleichzeitiger Kostenbeteiligung an den Gesamtkosten (beispielsweise bei Kindern und Eltern) vorzuziehen. Der Gesetzgeber ermöglicht hier sogar ausdrücklich eine verbilligte Vermietung bei gleichzeitig vollem Werbungskostenabzug (Abschreibung, Zinsen etc.). Die Kaltmiete darf jedoch nicht unter 66 % der Vergleichsmiete liegen (§ 21 Abs. 2 EStG). Es gilt also, die Entwicklung des örtlichen Mietpreisspiegels jährlich zu überprüfen. Folglich ist es ratsam, Regelungen nicht ganz an der Grenze zu treffen, sondern es bei ca. 70 % des Mietpreisspiegels zu belassen.

TIPP
Im Mietvertrag sollte auch ausdrücklich die Mitbenutzung des Gartens, der Sauna etc. erlaubt werden, um auch die Unterhaltsaufwendungen hierfür steuermindernd zu berücksichtigen. Zum Nach­weis der Üblichkeit und tatsächlichen Durchführung sollte ein Standardmietvertrag verwendet werden und die Zahlungen sollten unbar erfolgen.

Darlehensverträge

Besonderer Überlegungen und Überprüfungen bedarf es beim Abschluss von Darlehensverträgen mit Angehörigen, nahestehenden Personen und mit dem eigenen Unternehmen, soweit diese steuerliche Wirkung entfalten. Auf Seiten des Darlehensgebers gilt es zu bedenken, dass die Zinseinnahmen nicht unter die günstigen Regelungen der Abgeltungsteuer fallen (§ 32d Abs. 2 EStG). Dies kann dazu führen, dass die steuermindernde Wirkung der Zinsen beim Darlehensnehmer (Beispiel GmbH, ca. 30 %) geringer ist als die steuererhöhende Wirkung beim Darlehensgeber (Beispiel Einzelperson, ca. 42 %). Die Regelung ist rechtlich umstritten, wird aber von der Finanzverwaltung so angewandt und umgesetzt. Soweit die Regelungen einem Drittvergleich standhalten, sollte man sich im steuerrechtlichen Streitverfahren gegen eine von der Abgeltung­steuer abweichende Besteuerung wehren. Der Bundesfinanzhof hat hierzu am 29.04.2014 drei für den Bürger positive Urteile erlassen. Der gesetzliche Tatbestand ist nach dem Willen des Bundesfinanzhofs jedoch dahin gehend einschränkend auszulegen, dass ein solches Näheverhältnis nur dann vorliegt, wenn auf eine der Vertragsparteien ein beherrschender oder außerhalb der Geschäftsbeziehung liegender Einfluss ausgeübt werden kann oder wenn ein eigenes wirtschaftliches Inter­esse an der Erzielung der Einkünfte des anderen besteht. Danach ist ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes persönliches Interesse nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S.d. § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen (BFH, Urt. v. 29.04.2014 – VIII R 9/13, VIII R 44/13 und VIII R 35/13). Bei Gesellschafterdarlehen und einer Kapitalbeteiligung von mindestens 10 % ist die Anwendung des Regelsteuersatzes statt des Abgeltungsteuersatzes nach Auffassung des Bundesfinanzhofs rechtmäßig (BFH, Urt. v. 29.04.2014 – VIII R 23/13).

In keinem Fall sollten Geldbeträge nur zur Erzielung von steuerfreien Kapitaleinkünften auf minderjährige Kinder übertragen und dann ggf. wieder zurückgeholt werden. Hier gilt vereinfacht betrachtet die Regel: „Geschenkt ist geschenkt und wiederholen ist gestohlen.“ In diesem Fall wäre ein Darlehensvertrag mit dem Kind die geschicktere Lösung gewesen. Das Kind kann die Zinserträge zur Deckung seiner Lebenshaltungskosten verwenden (erspart Taschengeld und Steuern) und das Darlehen wird dann – mit dem Eintritt des Kindes in das Erwerbsleben – an die Eltern zurückgezahlt. Die Zinserträge bleiben bei Kindern ohne weitere Einkünfte bis zur Höhe von 12.834 € (Grundfreibetrag 2024 + Sparer-Pauschbetrag) steuerfrei. Eine rechtsgültige Vertragsgestaltung erfordert hier allerdings anwaltlichen Rat (Vertrag mit Minderjährigen).

Gesellschafterdarlehen: Weitere Risiken können im „Stehenlassen“ eines Darlehens in der Unternehmenskrise einer Kapitalgesellschaft bestehen. Im Negativfall entfaltet der Totalverlust des Darlehens dann keine steuermindernde Auswirkung mehr beim Darlehensgeber. Bezüglich der Darlehensform kann auf bankübliche Regelungen (BMF-Schreiben vom 23.12.2010) zurückgegriffen werden (siehe auch: BMF-Schreiben v. 23.12.2010 – IV C 6 – S 2144/07/10004). Der Bundesfinanzhof hat hierzu in mehreren Entscheidungen festgelegt, dass sich im Rahmen des Drittvergleichs (wie unter fremden Dritten üblich) der Regelungsinhalt von Darlehen zwischen Angehörigen an den Darlehen/Finanzanlagen der Banken orientiert.

Gesellschaftsverträge

Auch die Einbeziehung von Familienangehörigen als Gesellschafter und die damit verbundene Gewinnverteilung kann zu einer per saldo für alle Beteiligten geringeren Steuerbelastung führen. Aufgrund der individuellen Unterschiede und Ausrichtung solcher Verträge kann hier an dieser Stelle dieser Bereich nicht vertieft werden. Um Pannen zu vermeiden, bedarf es einer insgesamt durchdachten Lösung, die fachkundig begleitet werden muss. Steuerlich fundierter Rat ist hier gefragt.

Stand: Februar 2024