Allgemein

Steuerbarkeit von Schadensersatzleistungen

Zur Frage der Steuerbarkeit von Schadensersatzleistungen sollte zunächst geprüft werden, ob es sich um den Schadensersatz für entgangene Einnahmen (Bezüge, Arbeitslohn, Unternehmergewinn) oder um Schadensersatz für erlittene Vermögensschäden (Vermögensverlust) und persönliche Schäden (Schmerzensgeld) handelt.

Schadensersatz für entgangene Einkünfte, beispielsweise wegen verminderter Erwerbstätigkeit,  teilt regelmäßig das Besteuerungsschicksal der Einkünfte und ist ebenso zu besteuern §24 Nr. 1a EStG. Dies auch, wenn der Ersatz für entgehende Einnahmen von einem Dritten, hier der Versicherung des Unfallverursachers, gezahlt wird (BFH Urteil vom 21.1.2004, XI R 40/02, BStBl II 2004, 716). Im Rahmen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ist darauf zu achten, dass nicht das Nettoentgelt, sondern auch die hierauf entfallenden Abgabenlasten als Schaden geltend zu machen sind.

Schadenersatzleistungen (§§ 844, 845, 847 BGB) für immaterielle Einbußen / körperliche Schäden, wie Schmerzensgeld, aber auch als Ersatz für Arzt und Heilungskosten sowie krankheits- und behinderungsbedingte Mehraufwendungen sind steuerfrei / nicht steuerbar. Dies gilt auch für Schadensersatzrenten / Schmerzensgeldrenten.  Hierzu hat der BMF unter dem Aktenzeichen IV C 3 – S 2255/08/10012 am 15.07.2009 ein Schreiben erlassen (koordinierter Ländererlass). U.E. sind Einmalzahlungen des Schädigers - die dem Grunde nach Schadensersatzrenten / Schmerzensgeldrenten gleichzusetzen sind - steuerlich ebenso zu behandeln. Es kommt demnach im Einzelfall darauf an, den Grund und die Höhe der Zahlungen zu belegen und entsprechende Nachweise hierfür zu führen.

Textauszug: koordinierter Ländererlass vom 15.7.2009:

BMF: Steuerbarkeit von Schadensersatzrenten

BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 BStBl 1995 II S. 121 und vom BFH-Urteil vom 26. November 2008 BStBl 2009 II S. 651 Nach den o. a. BFH-Urteilen unterliegen Schadensersatzrenten nur in den Fällen der Einkommensteuer, in denen Ersatz für andere, bereits steuerbare Einkünfte geleistet wird. Schadensersatzrenten zum Ausgleich vermehrter Bedürfnisse nach § 843 Absatz 1 2. Alternative BGB , die bei Verletzung höchstpersönlicher Güter im Bereich der privaten Vermögenssphäre geleistet werden (sog. Mehrbedarfsrenten), sind nach dem BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 weder als Leibrenten, noch als sonstige wiederkehrende Bezüge nach Nummer 1  EStG steuerbar, obwohl sie ihrer äußeren Form nach wiederkehrende Leistungen sind. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 25. Oktober 1994 auch auf die Zahlung von Schmerzensgeldrenten nach § 253 Absatz 2 BGB (früher: § 847 BGB) anzuwenden. Ebenso wie die Mehrbedarfsrente ist die Schmerzensgeldrente Ersatz für den durch die Verletzung höchstpersönlicher Güter eingetretenen Schaden. Der Geschädigte soll durch das Schmerzensgeld in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten an Stelle derer zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht wurde. Die Schmerzensgeldrente erhöht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Empfängers demnach ebenso wenig wie die lediglich zum Ausgleich für verletzungsbedingt entstandene zusätzliche Bedürfnisse gezahlten Ersatzleistungen nach § 843 Absatz 1 2. Alternative BGB . In den einzelnen Rentenleistungen einer Schmerzensgeldrente ist auch kein steuerpflichtiger Zinsanteil enthalten. Der Schmerzensgeldanspruch wird anders als der Anspruch auf Mehrbedarfsrente regelmäßig kapitalisiert. Wird die Schmerzensgeldleistung ausnahmsweise in Form einer Rente erbracht, sollen hierdurch insbesondere dauernde Nachteile ausgeglichen werden, deren zukünftige Entwicklung noch nicht absehbar ist. Treten künftig weitere, bisher noch nicht erkenn- und voraussehbare Leiden auf, ist eine Anpassung der Rente nach den konkreten Umständen des Einzelfalles möglich. Insoweit kann ebenso wie bei den Mehrbedarfsrenten i. S. des § 843 BGB jede einzelne Zahlung als Schadensersatzleistung angesehen werden. Mit Urteil vom 26. November 2008 hat der BFH entschieden, dass die Unterhaltsrente nach § 844 Absatz 2 BGB nicht steuerbar ist, da sie lediglich den durch das schädigende Ereignis entfallenden, nicht steuerbaren Unterhaltsanspruch ausgleicht und nicht Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen i. S. der in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 7 EStG genannten Einkunftsarten gewährt. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 26. November 2008 a. a. O. auch auf Ersatzansprüche wegen entgangener Dienste nach § 845 BGB anwendbar. Die Schadensersatzrente nach § 845 BGB erhöht ebenso wie die Unterhaltsrente nach § 844 Absatz 2 BGB nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Empfängers. Diese Regelung ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht und ersetzt das Schreiben vom 8. November 1995 BStBl 1995 I S. 705.

Die Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) sind gem. § 3 Nr. 1a EstG steuerfrei.

Bezüge aufgrund gesetzlicher Vorschriften für Beschädigte und Hinterbliebene (Wehrdienst, Zivildienst, Kriegsbeschädigte etc.) sind gem. § 3 Nr. 6 EstG steuerfrei.

Hinweis: Zinsen auf Rentennachzahlungen Oft folgt vor der erstmaligen Rentenzahlung ein langer Streit. Neben der Rentennachzahlung kommt es dann auch zu Zinszahlungen. Die Zinseinnahmen stehen zwar im Zusammenhang mit einer steuerfreien Geldrente (BMF-Schreiben vom 15.7.2009 – IV C 3 S 2255/08/10012) sind jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BFH als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu behandeln. Es handelt sich nicht um eine Nebenleistung zur Rente, die das Besteuerungsschicksal der Rente teilt (vergl. Entscheidung des BVerG 5 C 10.11 vom 9.12.2012). Auch die Anwendung der Fünftelregelung nach §34 EStG ist auf Kapitaleinkünfte nicht möglich. Nach dem Gesetzeswortlaut der Vorschriften zum §34 EStG (Anwendung der Fünftelregelung) fallen die Zinseinnahmen nicht unter diese Vergünstigung.

Dieter P. Gonze, Steuerberater

Letzte Aktualisierung: 9.6.2016